Hermann Wette


Biographie

Geboren am 16. Mai 1857 in Herbern (heute Ortsteil von Ascheberg) als Sohn eines Kaufmanns. Besuch der Rektoratsschule in Herbern und seit 1871 des Gymnasiums in Münster. Fortsetzung seiner Ausbildung in Gaesdonk bei Goch (1871-1872), Münster (1872-1876), Bonn, München, Halle und Wien (1876-1881) und Köln (1881-1805). 1880 Promotion in München. 1881 Ehe mit der selbst schriftstellerisch tätigen Adelheid Humperdinck, der Schwester des Komponisten Engelbert Humperdinck. 1881 wurde er Arzt in Köln und 1909 dort Sanitätsrat (Spezialarzt für Ohren-, Hals- und Nasenkrankheiten). 1910 Preis der Johannes Fastenrath-Stiftung. Er lebte später in Eisenach und Darmstadt und starb am 10. August 1919 in einer Heil- und Pflegeanstalt in Wiesloch bei Heidelberg.

Der bedeutendste Erzähler des Westfalenlandes, in dem auch die Helden seiner Romane wurzeln; daß er den Ruhm nicht zu halten wußte und die auf ihn gesetzten Hoffnungen nur zum Teil erfüllte, liegt einerseits an der provinziellen Begrenzung seines Schaffens, andernteils aber an der reflektierenden Sprödigkeit seiner Erzählweise. Sein großangelegter Entwicklungsroman „Krauskopf“ (drei Teile) gibt den Lebenslauf eines Westfalen von der Kindheit bis zum Eintritt in den ärztlichen Beruf. Die Vorzüge der ersten Bände: originelle und gewandte Sprache, anschauliche Schilderung von Land und Verhältnissen, scharfe Charakteristik interessanter Persönlichkeiten, tiefe Gedanken, gesunder Humor fehlen auch dem letzten Bande nicht. (Geißler 1913)

Wegen größerer Offenheit gegenüber der Industrie und der Zuwendung zu ihren spezifischen Problemen könnten einige spätere Werke des aus Herbern im Münsterland gebürtigen, aber protestantischen Kaufmannssohns Hermann Wette (1857-1919) dazu verleiten, sie hier [Heimat- und Industriedichtung] einordnen zu wollen: Bei näherem Hinsehen sind sie jedoch nicht als „liberal“ zu etikettieren, sondern auf eine Variante national-konservativer Einstellung zurückzuführen, die auf der Basis der völkisch-rassischen Einheit der Deutschen noch die Sozialdemokratie zu integrieren vermag. […] Lupenreine Tendenzdichtung von plakativer Deutlichkeit, die den Ort des Verfassers im Spektrum der Heimatbewegung sehr genau bestimmen, sind […] der humoristische Roman „Jost Knost, der Herkules von Latop“ (1908), eine Programmschrift für die Erneuerung der germanischen Allmendeverfassung, die der mit Wette befreundete Volkswirtschaftler Adolf Damaschke (1865-1935) in seinem sehr stark und lange Zeit beachteten Werk mit dem Titel „Bodenreform“ zur Diskussion gestellt hatte, und das mit dem phantastischen Instrumentarium der Chamissoschen Vorlage arbeitende Drama „Peter Schlemihl“ (1910), in dem Wette das Modell Ernst Abbes in den Jenaer Zeiß-Werken und die Bodelschwinghsche Konzeption von Rentengütern für Fabrikarbeiter propagiert. Popularisierte Wette in seinem Stück nur diese richtungsweisenden Experimente, so wäre – läßt man Tendenzschriftstellerei einmal gelten – nichts dagegen einzuwenden. Er verfälscht sie aber durch chauvinistisch-rassistische Verengung: Nur die deutschen Arbeiter sollen in den Genuß solcher Rechte und Vergünstigungen kommen, die überdies – das bewirkt Wette durch ein geschicktes Arrangement von Personen und Handlung – nicht etwa von einsichtigen Unternehmern, sondern von einem christlich-sozial bekehrten Vertreter westfälischen Adels in Zusammenwirken mit Schlemihls rechtschaffenem Bauernblut durchgesetzt werden; „Pollacken und Kroaten“ dagegen, von charakterlosen Werbern ihrer eigenen Nationalität ins Land gelockt, werden als willige Handlanger des ausbeuterischen Kapitals und als schmutzige Rasseverderber von den national-sozialdemokratischen Arbeitern aus der proletarischen Solidarität weitgehend ausgeschlossen und vom Autor an die Seite der ruchlosen Spekulanten und jüdischen Finanziers gerückt. (von Heydebrand 1983)

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Selbstständige Veröffentlichungen

Ein neuer Fall von Hemiatrophia facialis progressiva nebst einer Revisitation eines alten Romberg’schen Falls und einer Zusammenstellung der bis jetzt publicirten Fälle. München 1880 – Was der Wind erzählt. Poesien in niederdeutscher Mundart. Köln: Ahn 1884. VIII, 120 S. (ULB Münster, UB Bonn, WLA Hagen) – Eckbert. Trauerspiel. Berlin: Bloch 1886. 147 S. [als Ms. gedr.] (StB Wuppertal-Elberfeld) – Elsi, die seltsame Magd. Schweizer Volksstück in zwei Aufzügen. Dichtung und Musik von H. Wette und A. Mendelssohn. Köln, Berlin, Leipzig: Ahn [ca. 1892]. 47 S. (WLA Hagen, StUB Köln) [dass. mit dem Untertitel: Oper in zwei Aufzügen, nach der gleichnamigen Novelle des Jeremias Gotthelf von H.W. und A.M. Klavierauszug. Köln: Ahn o.J. 195 S. (WLA Hagen) [Urauff. Köln 1892] – Widukind. Drama in fünf Aufzügen. Köln: Rimbach und Licht 1894. 86 S. [als Ms. gedr.] (StB Wuppertal-Elberfeld, WLA Hagen) [Urauff. Weimar 1896]; 2., umgearb. Aufl. Leipzig, Gotha: Grunow 1903 (ULB Münster, StA Bielefeld, WLA Hagen); Neuaufl. Hamburg: Hermes 111S. – Westfälische Gedichte. 1896; 2., verm. Aufl. der „Gedichte“. Hamburg: Hermes 1896. VI, 98 S. [Bildn.] (ULB Münster, StA Bielefeld, Lipp. LB Detmold) – Der Bärenhäuter. Teufelsmärchen. Berlin, Köln, Leipzig: Ahn 1897. 94 S. (WLA Hagen); mit dem Untertitel: Oper in drei Akten. Dichtung von H.W., Musik von A.M. [Operntextbuch]. Köln: Ahn o.J. 283 S. (WLA Hagen) [Urauff. Berlin 1900] – Fridolin, der Bettlerkönig. Eine Maienmär. Köln: Hübscher und Teufel 1899. 87 S. (UB Bonn, StUB Köln) – Krauskopf. Ein Entwicklungsroman. 3 Bde. Leipzig: Grunow 1903-1909. 392, 466, 500 S. (ULB Münster, UB Bonn, StLB Dortmund); Neuaufl. mit dem Untertitel: Mit einer literarhistorischen Einleitung. Nach der letzten Bearbeitung des Dichters. Hamburg: Hermes 1921. 410 S. (WLA Hagen, StB Trier) – Simson. Tragödie in fünf Akten nach Worten des Alten Testaments. Leipzig: Grunow 1904. 82 S. (StUB Köln, WLA Hagen); Neuaufl. Leipzig: Grunow 1907 (ULB Münster, StLB Dortmund, StA Bielefeld, Lipp. LB Detmold) – De Spökenkiker. Die Geschichte einer verirrten Menschenseele. Hamburg: Hermes o.J.; Leipzig: Grunow 1907. 328 S. (ULB Münster) – Jost Knost, der Herkules von Latop. Eine Geschichte. Leipzig: Grunow 1908. 369 S. (StA Bielefeld, StLB Dortmund, ULB Münster) – Neue westfälische Gedichte. Leipzig: Grunow 1909. 120 S. [Bildn.] (WLA Hagen, ULB Münster, StLB Dortmund, StUB Köln)); Neuaufl. Hamburg: Hermes o.J. 112 S. – Pingsteblaumen. Neueste westfälische Gedichte. Leipzig: Grunow 1910. 104 S. (ULB Münster, StLB Dortmund, StA Bielefeld, WLA Hagen); Neuaufl. Hamburg: Hermes o.J. 100 S. – Peter Schlemihl. Modernes Teufelsmärchen in fünf Akten. Leipzig: Grunow 1910. 152 S. (StA Bielefeld, StUB Köln, WLA Hagen); Neuaufl. Hamburg: Hermes 152 S. – Katt un Mus. Zum 16. Mai 1910. Lied. Musik von E. Humperdinck. Text von H.W. Leipzig: Brockhaus vor 1912. 5 S. (WLA Hagen) – Wunderliche Heilige. Drei Novellen. Dresden: Reißner 1912. 215 S. (StUB Köln, StLB Dortmund) – Westfälische Kriegsgedichte. Jena: Diederichs 1914. 34 S. (ULB Münster, StLB Dortmund, StA Bielefeld, WLA Hagen) – Ostara. Kriegsmysterium 1914/15. Eisenach: Kayser 1915. 19 S. (StA Bielefeld, StUB Köln, WLA Hagen) – Meinem Sohn zur Konfirmation. Einsegnungsgedicht. Reinertrag für Hinterbliebene gefallener Krieger. Eisenach: Kahle 1915. 4 S. (WLA Hagen) – Helden und Händler. Ein Gedicht in Stabreimen. Hamburg: Deutschnationale Buchhdlg. 1915. 20 S. (StUB Köln) – postum: Hermann Wette. Mauderspraok. Kleine Auswahl aus seinen Gedichten. Bes. von H. Luhmann. Münster: Aschendorff; Bielefeld-Bethel: Gieseking 1965. 45 S. (= Kleine westf. Reihe 6, 27) (ULB Münster, Lipp. LB Detmold, StLB Dortmund).

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Unselbstständige Veröffentlichungen in

Niedersachsen, Illustr. Halbmonatsschr., Bremen, 15, 1910: Wachtel; Mond und Abendstärnken – Heimatbl. der Roten Erde, Münster, 1919f. [Ged.] – Die Heimat, Dortmund, 1919f. [Ged.] – postum: Uhlmann-Bixterheide 1922: Aus „Spökenkiker“; Der Hellwegreiter. Gedicht – Westf Heimatkalender 1958, Kreisausg. Lüdinghausen: Vom Donnerwettermütterchen; Jb. Westfalen, Münster, 1979: Maidag. Gedicht.

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Briefe

R. Petsch: Briefe von Hermann Wette, in: Niedersachsen, Nddt. Zeitschr. für Volkstum und Heimatpflege, Bremen, 28, I, 1922/1923, S. 13-15.

Unselbstständige Veröffentlichungen über

E. Drerup: „Krauskopf“, in: Hochland, Kempten, München, 1, 1903f. – R. Petsch: Hermann Wette, in: Das lit. Echo, Berlin, 11, 1908/1909 – H. Reifferscheid: Hermann Wettes „Westfälische Gedichte“ und „Jost Knost“, in: Grenzboten, Brüssel, Leipzig, 67, 1908, Bd. 4, S. 488-492 – L. Schröder: Hermann Wette als westf. Dialektdichter, in: Grenzboten, Brüssel, Leipzig 68, 1909, S. 455-459 – J. Francke: Hermann Wette, in: Westmünsterland, Bocholt, 4, 1917, S. 117f. – W. Lindner: Hermann Wette, in: Vest. Heimat, Buer, 2, 1919, S. 62 [Abb.] – H. Kleibauer: Aus Hermann Wettes Leben und Werkstatt, in: Niedersachsen, Nddt. Zeitschr. für Volkstum und Heimatpflege, 27, 1921/1922, S. 414 [Bildn.] – E. Bussmann: Hermann Wette, der Klassiker der westf. mundartl. Lyrik, in: Die Heimat in Vergangenheit und Gegenwart 4, 1927, S. 24-26 – F. Wippermann: Hermann Wette. Zum zehnten Todestage des Dichters, in: Sauerländ. Gebirgsbote, Arnsberg, Iserlohn, 37, 1929, S. 107f. – F. Wippermann: Erinnerung an Hermann Wette, in: Heimat und Reich, Bochum, 1937, S. 317f. – M. Zobel von Zobeltitz: Hermann Wette, in: Germ.-Roman. Monatsschr., Heidelberg, 29, 1941 – K. Schulte Kemminghausen: Hermann Wette, in: Westf, Heimatkalender, Ausg. Lüdinghausen 12, 1958, S. 178-181 – P. Bürger: Plattdeutsche Kriegsdichtung aus Westfalen 1914-1918. Karl Prümer, Hermann Wette, Karl Wagenfeld, Augustin Wibbelt. Eslohe 2012.

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Erwähnungen in

H. Schönhoff: Die mundartl. Dichtung des Münsterlandes, in: Niedersachsen, Bremen, Hannover, 15, 1910, S. 183 – Foerste 1987 [s. Reg.] – Weber 1991, S. 67 – Westf. Literaturführer 1992, S. 15f.

Bildnis

Fotogr. (WLA Hagen).

Nachlass/Vorlass

Bestände in Westfalen: 1. WLA Hagen (Nachlass): Wat de Wind vertellt. Gedicht. 1882; Neue westfälische Gedichte. Gedicht. 1909; Persönlicher Glaube. Gedichte. 1911/1912; Pyrfos. Eins mit Gott. Persönliches Seelenbekenntnis. Gedichte. 1915; Deutsches Königsbuch. Gedicht. 1915/1916; Eckbert. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Drama. 1885; 5 Oktavhefte; Eckbert. Trauerspiel in vier Aufzügen. Drama. eigenhänd. Überarb. zweier Druckexemplare; Dr. Katzenbergers Badereise. 1890, 6 Hefte, mit Adelheid Wette verfasst; Elsi. Tragödie in Wort und Ton gedichtet von Hermann Wette und A. Mendelssohn. Drama. 1892; Widukind. Drama in fünf Aufzügen. Drama. 1892/1893 [1., 2. Akt in erster Niederschr.; Gesamtms.]; Der Bärenhäuter. Oper [Ms.; Entwurf]; Der Bärenhäuter. Teufelsmärchen. 1897, Vorleseexemplar mit handschr. Erg.; Fridolin, der Bettlerkönig. Maienmär. 1897, gedr. Exemplar mit handschr. Notenerg.; Hetty Frohnung. Volksstück nach George Eliot. 1901, handschr.; Der wunderbare Birnbaum. Lustspiel in einem Akt. 1902; Annemaries Liebeslist. Dörfischer Schwank. 1902, erste Fassung nach der Hs. Wettes; überarb. Fassung durch einen Schreiber; Endfassung in der Hs. von Adelheid Wette, plattdt. Übertr. in der Hs. Wettes; Simson. Tragödie. 1904; Peter Schlemihl. 1910; Sünte Kristoffer. Konzept eines Dramas. 1918/1919; Novellen, Erz.: Müeljans. Von Jan ut’n Dal. um 1882; Spökenkiker. Geschichte einer verirrten Menschenseele. 1907; Jost Knost. Der Herkules von Latop. erste Niederschr.; Druckvorlage von 1908; Wunderliche Heilige: Augentrost; Mühljans. Eine Dorfgeschichte [detaill. Verz., von Hermann Maria Wette erstellt] – 2. Lipp. LB Detmold: Brief an G.R. Kruse, 19.9.1897 – 3. StAB Bielefeld: Brief, 14.8.1910 – 4. StLB Dortmund: Ged.: Ora et labora!; Brief an Wilhelm Uhlmann-Bixterheide, 13.7.1919

Bestände außerhalb von Westfalen: 1. Heine-Inst., Düsseldorf: Briefe an Detmar Heinrich Sarnetzki, 1912-1915 (22) – 2. StUB Frankfurt/M.: Briefe an Gustav und Hedwig Humperdinck, 1909-1912 (142) – 3. Theatermuseum Köln: Briefe an Erwin Lewinger, o.D., von Erwin Lewinger, 16.10.1885 – 4. UB Gießen: Brief an Otto Behagel, 28.7.1894 – 5. UB Tübingen: Briefe an Friedrich Theodor Vischer, 1886 – 6. HA Köln (Nachlass Fastenrath): Briefe an Fastenrath 1891-1901 (7); Briefe von Adelheid Wette an Fastenrath (2); Bewerbungen um den Preis der Fastenrathstiftung – 7. DLA Marbach: Briefe an Cotta, 16.5.1885-15.2.1907 (7), an Alfred Haering, 1914, an Victor Ottmann, 6.9.1911.

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Sammlungen

WLA Hagen: Materialslg. – s. Denecke/Brandis, 2. Aufl. 1981, S. 40.

Nachschlagewerke

Degener, 4. ausg., 1909 – Geißler 1913 – Krüger 1913 – Schönhoff 1914 – Seelmann, Bd. 3, 1915 – Dt. Biogr. Jb., Bd. 2: 1917-1920 – Stammler 1920; 1968 – Uhlmann-Bixterheide 1922 [Kurzbiogr.] – Dt. Biogr. Jb. 2, 1928 – Kürschner: Nekrolog 1936 – Kosch, 2. Aufl., Bd. 4, 1958 – von Heydebrand 1983 – Oberhauser 1983 – Schulte: Westf. Köpfe, 3. Aufl. 1984 [Bildn.] – Schulz-Fielbrandt 1987 – Freund 1993 – Dt. Biogr. Archiv, N.F., Fiche 1396, Sp. 39-49.

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GND-Nummer
117327905   Link zu diesem Datensatz in der DNB