Johanne Wilhelmine Juliane von Voigts


Biographie

Genannt Jenny von Voigts. Geboren am 5. Juni 1749 in Osnabrück als Tochter von Justus Möser. Unterricht durch die Mutter und eine mit der Familie befreundete Erzieherin. Sprachausbildung in Englisch, Italienisch und Französisch; hinzu kam die Lektüre englischer Werke in deutscher Übersetzung. Einer Heirat mit dem Schriftsteller Thomas Abbt kam dessen früher Tod zuvor. Auf Wunsch der Familie Heirat mit dem Geheimrat Johann Gerlach Jost von Voigts (1741-1797) aus Celle. Umzug auf dessen Landgut in Melle. Die kinderlose Ehe empfand sie bald als Belastung, in die sie sich aber fügte. (Biogr. Handbuch Osnabrück) Häufige Aufenthalte, vor allem den Winter über, in Osnabrück. Führte nach dem Tod der Mutter (1787) ihrem Vater in Osnabrück den Haushalt. Nach dessen Tod (1794) Trennung von ihrem Ehemann im wechselseitigen Einverständnis. Zwar besuchten sie sich häufiger, aber Jenny führte ihren eigenen Haushalt in dem von ihrem Vater ererbten Haus in der [Osnabrücker] Hakenstraße 10. (Sheldon 1971) Verstarb am 29. Dezember 1814 in Melle.

Die meisten ihrer Briefpartner und Bekannten waren Dichter und Schriftsteller: die Anakreontiker Ludwig Gleim und Johann Georg Jacobi; die Aufklärer Friedrich Nicolai und Johann Erich Biester, die Hainbündler oder die dem Göttinger Hain nahestehenden Friedrich [Leopold] Stolberg, Heinrich Christian Boie, Anton Mathias Sprickmann, Christian Adolf Overbeck, Charlotte von Einem und Dorothea Wehrs, die zeitweilig der Empfindsamkeit oder dem Sturm und Drang nahestehenden Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Jacobi, Matthias Claudius, Friedrich Matthisson, Elisa von Recke, Jens Beggesen, Friedrike Bruns, Johann Gottfried Herder, Gerhard Anton von Halem, Friedrich Bouterweck, Franz Michael Leuchsenring, Johann Joachim Eschenburg, Christian Clodius und schließlich August von Kotzebue, die Fürstin Gallitzin und August Wilhelm Schlegel. (Sheldon 1971)

Während mehrerer Badeaufenthalte in Bad Pyrmont, zu denen sie ihren Vater begleitete, schloss sie u.a. Bekanntschaft mit Johann Kaspar Lavater, Elisa von der Recke, Johann Ludwig Ewald, August von Kotzebue, Friedrich Nicolai und Friedrich Heinrich Jacobi. Ihre Beziehung zu Anton Mathias Sprickmann war besonders eng. Weiterhin bestand Bekanntschaft mit Justus Gruner, der in der Osnabrücker Nachbarschaft wohnte. Des öfteren galten die Bekanntschaften oder die Briefe nicht eigentlich ihr, sondern Möser, z.B. Goethes Briefe. Briefe, die Möser ganz oder teilweise abgefaßt hatte, wurden unter ihrem Namen abgesandt. […] Die Stellungnahme zur Iphigenie, die sich Goethe von Möser erbeten hatte, gab sie als die Ihre aus. (Sheldon 1971)

Bekannt wurde Jenny von Voigts vor allem als Herausgeberin der Patriotischen Phantasien, einer Sammlung von Aufsätzen ihres Vaters in Intelligenzblättern. Ihr Anteil an der Edition ist umstritten. Jenny mag zur Herausgabe gedrängt haben, Möser willigte in das Vorhaben ein, „ließ“ die Aufsätze sammeln. Jenny traf nach seinen eigenen Worten die Auswahl und schrieb die Vorrede zu einigen Bänden. […] Für den dritten Band zeichnete Jenny nicht als Herausgeberin, jedoch wieder für den vierten Band. Hier war ihre Tätigkeit rein fiktiv. (Sheldon 1971)

Selbst war Jenny von Voigts nur in sehr geringem Maße literarisch schöpferisch. Überliefert sind einige wenige, unvollkommene Gelegenheitsgedichte sowie zwei Stammbucheintragungen. Ob Gedichte von ihr veröffentlicht wurden, ist nicht bekannt. Das ihr zugeschriebene „Wiegenlied an mein Herz“ im Deutschen Museum stammt nicht von ihr. (Sheldon 1971) Mehrfach wurde sie jedoch um literarische Beurteilungen gebeten, so von Sophie La Roche und Anton Mathias Sprickmann.

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Herausgabe

Patriotische Phantasien. Von Justus Möser. 2 Bde. Berlin 1775 und 1776; neue, verb. und verm. Aufl. Mit Mösers Bilde von Geyser. Berlin 1778; Bd. 4. Berlin 1786 fiktive Herausgeberschaft; 5., verb. und verm. Aufl. in 3 Bdn. Mit Mösers Bildnis von […] Wachsmann. Berlin 1804 (StLB Dortmund) – Justus Möser. Sämmtliche Werke. 3 Bde. Berlin: Nicolai 1842 (UB Bonn).

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Briefe

Briefsammlung: W.F. und U. Sheldon (Hg.): Im Geiste der Empfindsamkeit. Freundschaftsbriefe der Mösertochter Jenny von Voigts an die Fürstin Luise von Anhalt-Dessau. 1780-1808. Hg. vom Heimatverein Melle in Zusammenarb. mit dem Verein für Gesch. und Landeskunde in Osnabrück. Osnabrück: Wenner 1971. X, 302 S. 13 Abb. (= Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen 17) (ULB Münster, UB Osnabrück, Möser-Dokumentationsstelle Osnabrück) – Briefe von Jenny von Voigts: L. Bäte: Brautbriefe aus dem Möserhaus, in: Neues Tagebl., Osnabrück, Nr. 76 vom 26.9.1947 (Nieders. SA Osnabrück) – H. Haberland, W. Pehnt: Frauen der Goethezeit in Briefen, Dokumenten und Bildern. Von der Gottschedin bis zu Bettina von Arnim. Stuttgart 1961 – M. Schlösser, G. Jäckel (Hg.): „Das Volk braucht Licht.“ Frauen zur Zeit des Aufbruchs 1790-1848 in ihren Briefen. Darmstadt, Zürich 1970 (= Agora Schriftenreihe 22/23) (ULB Münster) – Briefe an Jenny von Voigts: von Johann Wolfgang von Goethe, 4.3.1782 (Handschr. Goethe-Museum Düsseldorf), in: W. Patro: Goethe an Jenny von Voigts geb. Möser, in: Tägliche Rundschau 1926, Unterhaltungsbeil. 201 Wiederabdr. in den Goethe-Briefausg.; Ludwig Bäte: Der sechste Brief. Unbekanntes Schreiben Goethes an Jenny von Voigts, in: Haller Kreisbl. vom 6.1.1950 – von Heinrich Christian Boie, in: W. Brandes: [Heinrich Christian] Boie an Jeanette von Voigts, in: Jb. des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 1, 1902, S. 108-114 – E. Crusius: Der Freundeskreis der Jenny von Voigts, geb. Möser. Neue Briefe aus ihrem Nachlaß mit einer Tafel, in: Osnabrücker Mitt. 68, 1959, S. 221-271 – von Anton Mathias Sprickmann: W. Hosäus: Aus den Briefen Anton Matthias Sprickmann’s an Jenny von Voigts, geb. Möser, in: Zeitschr. für vaterländ. Gesch. und Althertumskunde 40, 1882, S. 1-49; H.G. Ossenbühl: „Preußen nach Iburg, zwei Wagen voll.“ Aus den Briefen Sprickmanns an Jenny von Voigts, geb. Möser, in: Land und Leute. Osnabrück 1961, Nr. 238.

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Selbstständige Veröffentlichungen über

L. Bäte: Jenny von Voigts. Eine vergessene Freundin Goethes. Warendorf 1926.

Unselbstständige Veröffentlichungen über

Journal von und für Deutschland 1, 1788, S. 142 – Allg. lit. Anzeiger 1798, Nr. 59 – W. Sheldon: Jenny von Voigts, in: Nieders. Lebensbilder 8, 1973, S. 243ff.

Erwähnungen in

J.F. Lodtmann: Genealogie der Möserschen Familie. Osnabrück 1866 – Oelsner 1894, S. 141f. – Hofstaetter 1908, S. 89 – M. Heilmann: Alte Meller Bürgerfamilien. Ein Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt Melle im 17. und 18. Jahrhundert, in: Archiv für Landes- und Volkskunde von Niedersachsen 23, 1933, S. 388-401 – L. Bäte: Justus Möser. Advocatus patriae. Frankfurt a. M., Bonn 1961 – M. Heilmann: Bedeutende Meller Persönlichkeiten, in: Melle in acht Jahrhunderten. Melle 1969, S. 221-232 – L. Bäte: Goethe und die Osnabrücker. Mit unbekannten Bild- und Handschriftenwiedergaben. Berlin 1970 – L. Bäte: Das geistige Melle, in: Melle. Eine deutsche Kleinstadt. Melle o.J., S. 39-43 – Trunz/Loos 1971, S. 16, 60 – Lahrkamp 1976 s. Register – häufig erwähnt in der Möser-Literatur.

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Bildnis

1. Ölgemälde, unbekannter Maler (Städt. Museum Osnabrück; Abb.: Sheldon 1971) – 2. Scherenschnitt (ULB Münster, Handschriftenabt., Sprickmann-Nachlass; Abb.: Sheldon 1971).

Nachschlagewerke

Baur 1790 – Schindel, Bd. 2. 1823/1825 – Hamberger/Meusel, 5. Aufl., Bd. 21, 1827 – Hanstein, Bd. 2, 1900 – Goedeke, 3. Aufl., Bd. 4,1, 1916 – Kosch, 2. Aufl., Bd. 4, 1958 – Schulte: Westf. Köpfe, 3, Aufl. 1984 – Biogr. Handbuch Osnabrück 1990 – Nachweise im Archiv Oskar Fambach – Dt. Biogr. Archiv, Fiche 1314, Sp. 182-184.

GND-Nummer
117478598   Link zu diesem Datensatz in der DNB